Öffentliche Zahlen
Teures Politiker-Shooting oder Sprungturm-Abriss: Hier werden in Hessen Steuergelder verschwendet
- VonNora Kraftschließen
Der Bund der Steuerzahler deckt in seinem aktuellen Schwarzbuch Fälle von Steuerverschwendung auf. Darin sind auch elf aus Hessen zu finden.
Wiesbaden - Eine abgeriegelte Brücke, ein Sprungturm-Abriss oder ein teures Politiker-Fotoshooting mit Star-Fotograf: Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat in seinem aktuellen Schwarzbuch erneut auf mutmaßliche Fälle von Steuerverschwendung hingewiesen. Darunter finden sich elf Beispiele aus Hessen.
Bund der Steuerzahler mit aktuellem Schwarzbuch und Fällen aus Hessen
Joachim Papendick, der Vorsitzende des BdSt Hessen, erklärte in Wiesbaden: „Das Schwarzbuch zeigt seit mehr als fünf Jahrzehnten anhand konkreter Beispiele auf, welche Fehler zur Verschwendung führen“. In diesem Jahr liegt der Fokus des berüchtigten Sammelwerks auf der Bürokratie und ihren Folgen. „Damit wollen wir dazu beitragen, ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden.“
Zu den hessischen Beispielen, die es in das Schwarzbuch geschafft haben, gehört die alte Postbrücke bei Lorsch in Südhessen. Das unter Denkmalschutz stehende Bauwerk wurde für 300.000 Euro renoviert, doch nun blockiert ein Zaun auf einer Seite den weiteren Weg über die Brücke.
Fast ein Dutzend Fälle von Steuerverschwendung in Hessen
Ein weiterer Fall, den der Steuerzahlerbund kritisiert, ist der geplante Abriss des Sprungturms im Freibad in Biedenkopf (Mittelhessen). Nach drei Jahrzehnten wurde zufällig festgestellt, dass das Becken darunter fünf Zentimeter zu flach ist. Trotzdem hat es in all den Jahren keinen Unfall gegeben.
In Kassel sorgte beispielsweise ein Fotoshooting von Politikern für Aufsehen. Sechs neue hauptamtliche Magistratsmitglieder ließen sich dem Bund der Steuerzahler zufolge für Porträt- und Gruppenfotos ablichten – von einem Berliner Starfotografen. „Dem Renommee des Fotografen entsprechend war auch der Preis für die Aufnahmen, der sich auf rund 6.000 Euro belief“, schreibt der BdSt. „Darin enthalten waren mehr als 1.000 Euro für Reise- und Übernachtungskosten.“
Teures Fotoshooting mit Kasseler Politikern und Star-Fotograf aus Berlin
Anfragen des Bundes der Steuerzahler bei mehreren Fotografinnen und Fotografen aus Kassel und Umgebung sollen ergeben haben, dass ein vergleichbares Shooting zum Preis von rund 1.000 Euro zu haben wäre. „Zudem wären für einen lokalen Anbieter wohl kaum Reise- und Übernachtungskosten angefallen“, heißt es weiter.
Die Stadt Kassel soll demnach aber kein Vergleichsangebot eingeholt haben. Der BdSt zitiert ein Antwortschreiben der Stadt: Die Suche der Stadt Kassel nach geeigneten Dienstleistern beschränke sich nicht nur – wie es auch in anderen Bereichen üblich sei – auf das Stadtgebiet. Auch seien die Allgemeinen Vergaberichtlinien der Stadt Kassel eingehalten worden, wonach „Dienstleistungen mit einem Auftragswert bis zu 10.000 € im Wege des Direktauftrags beschafft werden können“. Somit erscheint die Vergabe des Fotoshootings zwar rechtmäßig, aber wenig plausibel.
Weitere Fälle aus Hessen und der gesamten Republik können im aktuellen Schwarzbuch nachgelesen werden. (nok/mit dpa)
Im letzten Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes war ein Fall aus Fulda dabei – die Stadt wies die Kritik jedoch zurück.