20 Prozent weniger

„Unheilvolle Mischung“: Bayerischer Rektor sorgt sich um das Essen an Schulen

  • Jana Stäbener
    VonJana Stäbener
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Das Essen in deutschen Kitas und Schulen wird immer teurer. Das hat Folgen. Ein Schulleiter aus Erlangen sieht auch eine „pädagogische Baustelle“.

Die Preise für Kita- und Schulessen sind (ebenso wie die Forderungen von Eltern daran) erneut gestiegen. Das zeigt eine Umfrage des Verbandes deutscher Schul- und Kitacaterer (VDSKC) unter seinen Mitgliedsunternehmen. 73 Prozent von ihnen geben an, in diesem Jahr die Preise für ihr Essen erhöht zu haben. Grund dafür sei unter anderem, dass die Mehrwertsteuer 2024 wieder von sieben auf 19 Prozent erhöht wurde.

„Wir merken, dass Eltern finanziell an ihre Grenzen kommen. Immer mehr Familien können sich das Essen für ihre Kinder nicht mehr leisten“, sagt Ralf Blauert, der erste Vorsitzender des VDSKC. 37 Prozent der Caterer meldeten, dass die Anzahl der Essensteilnehmer und -teilnehmerinnen bei ihnen in diesem Jahr gesunken sei. „Unsere Befürchtungen sind eingetreten. Heute bekommen weniger Kinder ein warmes Mittagessen in der Schule als noch im letzten Jahr.“

Auf ein warmes Mittagessen an deutschen Schulen fallen in diesem Jahr wieder 19 statt sieben Prozent Mehrwertsteuer an. (Archivbild)

Essen an deutschen Schulen: „Immer weniger Kinder können sich das leisten“

An der Eichendorffschule in Erlangen (Bayern) kostet ein Schulessen seit der Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie nicht mehr 4,70 Euro, sondern 5,23 Euro. „Kontraproduktiv für die Gesundheit unserer Kinder“, sagt Rektor Helmut Klemm BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Noch 2023 hätten sie unter den 409 Schüler und Schülerinnen der Ganztagesschule im Schnitt 150 Essen pro Tag verkauft. Heute seien es etwa 120, also etwa 20 Prozent weniger.

„Die Nachfrage ist gesunken. Immer weniger Kinder können sich das Schulessen leisten“, sagt der Pädagoge. „Die Preiserhöhung gepaart mit der Lust auf den Muffin vom Discounter – das ist eine unheilvolle Mischung.“ Doch sie sei „definitiv nicht der einzige Grund, warum Kinder nicht in die Mensa gehen“. Auch „pubertäres Verhalten“ und die „zu Hause gelebte Essenskultur“ bewirkten, dass sich Schüler sich „Eistee, Industriebrötchen und Chips“ kauften.

35 Prozent der Schüler an seiner Schule erhielten Sozialleistungen und bekämen das Schulessen daher kostenfrei. „Da bringt es nichts, an der Preisschraube zu drehen“, sagt er. Oft würden diese Kinder das Essen einfach nicht absagen. „Hier eine Verhaltensänderung zu bewirken, ist keine finanzielle, sondern eine pädagogische Baustelle.“

Eine Mitarbeiterin eines Cateringunternehmens schöpft Sauce auf einen Teller mit Kartoffeln und Schnitzel. (Archivbild)

Bayerischer Schulleiter über Preise für das Schulessen: „Das ist echt ein Witz“

Laut VDSKC-Umfrage rechnen 67 Prozent der Kita- und Schulcaterer auch für 2025 mit weiteren Preissteigerungen. Helfen könnte die Abschaffung der Mehrwertsteuer bei Schul- und Kitaessen, das deutschlandweit sehr unterschiedlich teuer ist. Sie wäre auf jeden Fall der richtige erste „Baustein im Mosaik der Bildungsgerechtigkeit“, sagt Klemm BuzzFeed News Deutschland.

Das Mensa-Essen für Studierende sei schon lange von der Mehrwertsteuer befreit. „In manchen Cafeterien, in denen Schüler gemeinsam mit Studenten essen, haben wir die alberne Situation, dass Studierende den reduzierten und Kinder den erhöhten Preis zahlen“, sagt der bayerische Schulleiter. „Das ist echt ein Witz.“

Der Bürgerrat des Bundestags zur Ernährung forderte im Januar 2024 kostenfreies Mittagessen an Schulen und Kitas. Die SPD will nach der Bundestagswahl solch ein kostenloses Mittagessen für Schüler einführen. Auch, weil es gesundheitliche Folgekosten verringere, die entstünden, wenn Kinder durch falsche Ernährung krank würden, sagte Generalsekretär Matthias Miersch der Bild am Sonntag, 8. Dezember. Er arbeite aktuell an einem Konzept, wie Bund und Länder das gemeinsam umsetzen können. Wie teuer das werde, sei noch unklar, aber er gehe davon aus, dass es ein Milliardenbetrag sei.

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