Dach der Oper in Oslo
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Auf dem Dach der Oper im Osloer Stadtteil Bjørvika: Das einstige Problemviertel ist heute ein Vorzeigestadtteil.

Einzigartig in Europa

Schwimmende Sauna und weltbeste Bibliothek: Brennpunktviertel ist jetzt Vorzeigequartier

  • Peter Sieben
    VonPeter Sieben
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Die Gegend um den Fjord von Oslo war einst verrufen, laut und dreckig. Heute sind hier moderne Museen und schicke Wohnhäuser. Doch die Entwicklung ist noch nicht zu Ende.

Oslo – Nur kurz steht der nahezu nackte Mann am Ufer, dann macht er Ernst: Unter lautem Schnaufen taucht er seinen massigen Körper immer tiefer in das eiskalte Wasser. Die Schwäne und Enten um ihn herum achten kaum auf ihn, die kennen das schon. Tatsächlich gehört es inzwischen für die Osloer zum Alltag, ab und an ein Bad in ihrem Fjord zu nehmen, erklärt Stein Kolstø: „Du musst danach direkt in die Sauna. Das ist der Trick.“ Der Direktor vom städtischen Planungsbüro führt an diesem eisigen Vormittag durch Bjørvika, den neuen Stadtteil von Norwegens Hauptstadt Oslo, auf den sie hier besonders stolz sind.

Einst hässliche Industriebrache, jetzt kulturelles Zentrum: Bjørvika in Oslo früher und heute

Alte Luftbildaufnahme von Bjørvika in Oslo
So sah es in Bjørvika noch im Juni 2000 aus: Schnellstraßen und Industriegebäude, für Menschen war da kein Platz.  © Stadt Oslo
Luftaufnahme Fjord von Oslo im Jahr 2004
Vier Jahre später: Der Rückbau der Containerterminals hat begonnen, Platz für Wohnhäuser entsteht.  © Stadt Oslo
Luftbild von Oslo im Jahr 2017
Zeitsprung ins Jahr 2017: Ein neues Viertel ist entstanden. Die Schnellstraßen sind nun unterirdisch.  © Stadt Oslo
Dach der Oper in Oslo
Blick vom Dach der Oper im Osloer Stadtteil Bjørvika: Das einstige Problemviertel ist heute ein Vorzeigestadtteil. Neben modernen Wohnhäusern am Fjord ist hier ein kulturelles Zentrum entstanden.  © Peter Sieben
Die Oper von Oslo
Architektur spielt eine entscheidende Rolle bei der Neuentwicklung des Stadtteils: Oslos Oper ist wie ein Gletscher geformt, der in den Fjord wächst.  © Peter Sieben
Oper von Oslo
Auf dem Operndach kann man sogar spazieren gehen. © Peter Sieben
Ein Mann schwimmt im Fjord von Oslo
Der Fjord war früher vom Rest der Stadt getrennt. Heute schwimmen die Osloer gern in ihrem Fjord – winters wie sommers.  © Peter Sieben
Eingang der Deichman-Bibliothek
Direkt gegenüber von der Oper liegt die Deichman-Bibliothek, die als eine der besten Bibliotheken der Welt gilt.  © Peter Sieben
Die Deichman-Bibliothek in Oslo
Innen: viel Holz, viel Glas, Restaurants und sogar ein Kino.  © Peter Sieben
Panoramafenster der Deichman-Bibliothek in Oslo
Ganz oben in der Deichman-Bibliothek hat man einen wunderbaren Blick auf den Fjord in Oslo.  © Peter Sieben
Schwimmende Saunen im Fjord von Oslo
Im Fjord gibt es schwimmende Saunen. Nach dem Bad im Wasser schätzen die Osloer einen Saunagang.  © Peter Sieben
Das neue Munch-Museum in Oslo
Wenige Meter weiter ist das neue Munch-Museum in Oslo.  © Peter Sieben
Menschen schauen sich das Gemälde „Der Schrei“ von Edvard Munch in Oslo an
Das Gemälde „Der Schrei“ von Edvard Munch: Mehrere Versionen des Bildes hängen in Oslo – aber sie werden immer nur kurze Zeit am Stück gezeigt, dann schließt sich automatisch eine Wand.  © Peter Sieben

Neuer Stadtteil von Oslo: Im Fjord schwimmt eine Sauna mit echtem Holzfeuer

Wer aus dem Hauptbahnhof von Oslo nach draußen tritt, ist direkt mittendrin: moderne Museen, ein Opernhaus, das wie ein Gletscher aussieht und ein langgezogener Meeresfjord, in dem sich die Unendlichkeit von Norwegens Winterhimmel spiegelt. Und auf dem Wasser gibt es tatsächlich: schwimmende Saunen. Mit echtem Holzfeuer. Ein Ort zum Staunen, wenn man ihn zum ersten Mal sieht – und zum Wohlfühlen, wenn man hier lebt.

Unzugängliches Industriegelände mitten in der Hauptstadt von Norwegen

Die Osloer schwimmen gern in ihrem Fjord.

Das war nicht immer so. Noch bis weit in die 1990er Jahre war das gesamte Viertel ein unzugängliches Industriegelände. Der Fjord hatte mit der eigentlichen Stadt nichts zu tun, eine Schnellstraße schnitt ihn vom Rest ab. Am Wasser führte eine Eisenbahnstrecke entlang und am Ufer des Fjords waren Hafenterminals, Container und alte Lagerhäuser. „Das war keine angenehme Gegend hier. Es war laut, voller Smog und nicht sicher“, sagt Stein Kolstø.  

In Aker Brygge auf der anderen Seite vom Fjord, wo heute schicke Büros in restaurierten historischen Lagerhäusern entlang einer Promenade untergebracht sind, gab es lange Zeit eine große Werft. Die machte 1982 dicht, als die Schiffsbauindustrie nach Asien abwanderte. „Da hat man sich zum allerersten Mal Gedanken darüber gemacht, wie man den Fjord in die Stadt integrieren kann“, erzählt Kolstø.

Stein Kolstø, Direktor vom Planungsbüro in Oslo.

Erste Machbarkeitsstudien wurden erarbeitet und im Jahr 2000 beschloss die Stadt eine Fjordcity-Strategie. Die Containerterminals wurden weiter in den Süden ausgelagert, die Schnellstraßen unter die Erde verlegt. Wo einst jeden Tag 70.000 Autos über die Fahrbahn rasten, ist heute ein einzigartiger Ort der Ruhe: Die hochmoderne Deichman-Bibliothek, die vom Fachverband IFLA die Auszeichnung „Weltbeste Bibliothek“ erhalten hat. 2020 wurde sie eröffnet. Innen: viel Holz, moderne Ruheräume mit Loungemöbeln, ein Kino und Restaurants.

Weltbeste Bibliothek, Munch-Museum und Opernhaus in Oslo an einem Fleck

Und ganz oben bieten Panoramafenster einen spektakulären Blick auf den Fjord und die Oper, deren schneeweißes Dach man begehen kann. Bis spätabends ist die Bibliothek geöffnet, viele junge Osloer nutzen den Bau als Treffpunkt. Und gleich um die Ecke ist das neue Munch-Museum, wo tägliche tausende Touristen den „Schrei“ von Norwegens wohl berühmtestem Maler Edvard Munch anschauen. Fast überrascht sei man gewesen, dass sich die Kulturlandschaft so stark im Stadtteil entwickelt hat, sagt Planungsexperte Stein Kolstø.

Das Projekt war kostspielig, „verdammt teuer“, wie Kolstø sagt. Allein die Investitionen in die neuen Kulturinstitutionen hat 16 Milliarden Norwegische Kronen gekostet, das entspricht etwa 1,5 Milliarden Euro. „Eine wichtige Voraussetzung ist natürlich unsere ölverschmierte Wirtschaft, so nenne ich das mal“, so der Planer. Einst das Armenhaus Europas, hat sich Norwegen in den 1970er Jahren dank seiner Öl-Exporte zu einem der reichsten Länder der Welt entwickelt. Die Einnahmen aus dem Ölgeschäft landen zu großen Teilen im staatlichen Ölfonds, der immer weiter anwächst. „Durch das Öl ist nicht jeder Norweger reich, aber wir haben als Gesellschaft eine Menge Ressourcen, um sie in Projekte wie diese zu investieren“, erklärt Kolstø.

Oslos Oper ist wie ein Gletscher geformt, der in den Fjord wächst.

Fertig sei das Fjord-City-Projekt noch nicht. „Die Entwicklung wird bestimmt nochmal 40 Jahre dauern.“ Bald sollen 9.000 neue Wohnungen entstehen. Aktuell leben vornehmlich wohlhabende Menschen im Bereich von Bjørvika. „Aber wir haben festgestellt, dass das sozioökonomische Bild jetzt schon homogener wird.“ Stein Kolstø glaubt: „In 30 Jahren wird man kaum mehr einen Unterschied zwischen den Vierteln bemerken.“

Transparenzhinweis: IPPEN.MEDIA wurde von der norwegischen Botschaft in Berlin nach Oslo eingeladen.

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