„Kette nicht sichtbar getragen“
Ofarim-Prozess: Gutachter soll erneut angehört werden – vor ihm dürfte der Musiker zittern
VonKarolin Schaeferschließen
Wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung steht Gil Ofarim vor Gericht. Ein gefragter Gutachter lässt an der Darstellung des Musikers Zweifel aufkommen.
Leipzig – Derzeit steht Gil Ofarim vor dem Landgericht Leipzig – und es sieht nicht gut aus für den jüdischen Musiker. Ein Forensiker hatte nach Auswertung der Überwachungsvideos einer wichtigen Darstellung des Künstlers widersprochen.
Prozess gegen Gil Ofarim: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Musiker
Wegen mutmaßlicher Verleumdung und falscher Verdächtigungen wird gegen Ofarim ermittelt. Im Jahr 2021 erhob der Leadsänger der Bands „Zoo Army“ und „Acht“ schwere Antisemitismusvorwürfe gegen einen Manager des Leipziger Hotels „Westin“. Seine Anschuldigungen hielt er damals in einem Instagram-Video fest.
Der jüdische Musiker solle seinen Davidstern abnehmen, erst dann dürfe er einchecken, soll der Mann nach Angaben des Sängers gesagt haben. Der Beschuldigte bestreitet jedoch die Vorwürfe. Das Verfahren wurde inzwischen eingestellt. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft folgte allerdings eine Anklage gegen Ofarim selbst.
Gutachter widerspricht Gil Ofarim: Davidstern nicht sichtbar gewesen
Der gefragte Forensiker Dirk Labudde spielt nun eine entscheidende Rolle in dem Prozess, der Anfang November gestartet war. Labudde ist ein gefragter Gutachter vor Gericht. Er arbeitet nicht nur als Professor an der Hochschule Mittweida in Sachsen, sondern ist auch als Berater für Polizei und Staatsanwaltschaft tätig. Laut Focus wird er „Professor Adlerauge“ genannt.
Mitte November folgte dann der große Knall im Ofarim-Prozess. Der Sachverständige hatte dem Künstler in einer wichtigen Darstellung widersprochen. Vom Betreten der Lobby bis zum Verlassen des Leipziger Hotels sei keine Kette mit einem Davidstern sichtbar gewesen, sagte der Sachverständige im Landgericht.
Gutachter wird deutlich im Prozess gegen Gil Ofarim: „Kette wurde nicht sichtbar getragen“
„Die Kette wurde nicht sichtbar getragen vor dem Hotel, nach Betreten der Lobby, am Schalter/Desk und beim Verlassen des Hotels bis 19.46 Uhr“, zitierte Bild den Experten. Die silberne Kette hätte durch eine Reflexion im Video sonst erkennbar gewesen sein müssen.
Nach Labudde soll die Kette mit dem Davidstern erst zu sehen gewesen sein, als Ofarim das Instagram-Video aufgenommen hatte. Dafür hatte der Forensiker die Aufnahmen der Überwachungskameras aus der Hotellobby analysiert. Tonaufnahmen von dem Vorfall gibt es nicht.
Doch damit nicht genug: Auch in einer weiteren Sache lautet die Version des Gutachters anders. Der Musiker behauptete, eine Person hinter ihm in der Warteschlange sei ihn ebenfalls antisemitisch angegangen. Auf den Videos habe aber keine Kommunikation zwischen Ofarim und der Person stattgefunden, zitierte Focus den Forensiker.
Gutachter Anfang Dezember erneut im Prozess gegen Gil Ofarim erwartet
Es gibt noch einige offene Fragen im Prozess gegen Gil Ofarim. Es bleibt abzuwarten, ob diese Anfang Dezember geklärt werden können. Denn: Labudde soll am 6. Dezember noch einmal angehört werden. Das Urteil gegen den Musiker wird dann für den 7. Dezember erwartet.
Welche Rolle ein möglicher neuer Zeuge dabei spielt, der das Hotel beschuldigte, ist unklar. Fest steht, dass auch Sängerin und Schauspielerin Jeanette Biedermann am Dienstag (28. November) als Zeugin geladen ist. Nach Angaben des Gerichtssprechers war sie zwar nicht in dem Hotel, soll aber kurz darauf Kontakt mit Ofarim gehabt haben. (kas/dpa)
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