Musikfestival in Negev-Wüste
Nach Hamas-Massaker in Israel: Drohnen-Aufnahmen zeigen erschreckende Bilder von Festival-Gelände
- VonBettina Menzelschließen
Bei dem Hamas-Angriff auf ein Festivalgelände in Israel gab es 260 Tote. Drohnen-Aufnahmen vom leeren Festivalgelände sind eindringliche Zeugnisse vom Überlebenskampf der jungen Menschen.
Re‘im – Die Hamas richtete auf einem Musikfestival in der Negev-Wüste in Israel ein Massaker an. Die radikal-islamischen Angreifer stürmten das Festivalgelände am Samstagmorgen, schossen wild um sich, verfolgten diejenigen, denen es gelang zu fliehen und nahmen zahlreiche Geiseln. Auf Telegram geteilte Drohnen-Aufnahmen vom menschenleeren Gelände lassen den Überlebenskampf erahnen. Die Hamas blockierte auch Straßen und lauerte fliehenden Autos auf, um sie dann unter Feuerbeschuss zu nehmen. Die teils ausgebrannten Karosserien in dem Video sind stumme Zeugen.
Israel-Krieg: Musikfestival in der Negev-Wüste war eines der ersten Ziele der Hamas
Das Musikfestival war eines der ersten Ziele der Hamas, denn das Gelände im Süden Israels liegt nur rund wenige Kilometer vom Grenzzaun zum Gazastreifen entfernt, den die radikal-islamische Gruppierung in den frühen Morgenstunden am Samstag durchbrach. Zu diesem Zeitpunkt hatten die jungen Menschen auf dem Festival die ganze Nacht durchgetanzt, viele waren erschöpft, mitten in der Wüste und unbewaffnet. Denn die Veranstalter hatten das Mitbringen von Schusswaffen oder scharfen Gegenständen untersagt – wie es auf Festivals üblich ist.
Drohnen-Aufnahmen vom Gelände nach den Angriffen kursierten zunächst auf Telegram, schwappten dann aber auch in andere soziale Medien, wie X (vormals Twitter) über. Der Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Geraschtschenko, teilte die Aufnahmen mit dem Hinweis, dass ihn die Bilder an die Gräuel von Butscha im Ukraine-Krieg erinnern würden.
The aftermath of Hamas attack on the music festival in Israel.
— Anton Gerashchenko (@Gerashchenko_en) October 9, 2023
At least 200 people were killed, and the number is likely to grow.
This reminds me so much of Bucha. The murders of innocent civilians. The destruction. The fear. Pure terrorism. pic.twitter.com/qhxeKFGbUC
Israel-Krieg: Festivalbesucher fliehen teils stundenlang zu Fuß durch die Wüste
In sozialen Netzwerken berichten zahlreiche Augenzeugen und schildern ihre Erlebnisse während des Angriffs auf das Musikfestival. Die Überlebende Millet Ben Haim berichtete der Washington Post, die bewaffneten Hamas-Kämpfer in der Ferne gesehen zu haben. „Ich nahm die Autoschlüssel eines Freundes von mir, der sehr besoffen war, packte so viele Leute wie möglich ins Auto und fuhr wie verrückt los“, sagte sie. „Die Leute, die geblieben sind, wurden meist entführt oder ermordet.“ Nicht allen gelang es, in ihren Fahrzeugen zu fliehen. Autos mit Leichen hätten die Straße blockiert, so der Augenzeuge Gal Raz. „Wir konnten nicht wegfahren.“
Viele kamen in ihren Fahrzeugen unter Beschuss. Auf den Drohnenaufnahmen sind Dutzende ausgebrannte Autos zu sehen, die kreuz und quer durcheinander stehen, teilweise umgekippt. Manchen gelang es, die Flucht zu Fuß fortzusetzen. Auch Ben Haim. Als Hamas-Kämpfer auf sie schossen, sprangen die junge Frau und ihre Freunde aus dem Auto und rannten los. Das Gebiet beschreiben die Augenzeugen als sehr weitläufig und gut einsehbar – es gab bis auf ein paar Bäume kaum Möglichkeiten, sich zu verstecken. Die Hamas seien von „Baum zu Baum“ gegangen und hätten geschossen, schilderte eine weitere Überlebende der BBC.
Teilweise berichten Augenzeugen davon, mehrere Stunden gerannt zu sein. „In jeder Richtung, in die wir liefen, schossen mehr Leute auf uns; wir rannten zwei Stunden lang und versuchten zu entkommen. Wir fingen an, uns im Gebüsch zu verkriechen. Irgendwann merkte ich, dass ich nicht mehr rennen konnte.“ Sie, zwei Freunde und ein Fremder legten sich in einen Busch und bedeckten sich mit Blättern. „Wir blieben still und versuchten, die Polizei zu erreichen. Die Polizei sagte, sie könne uns nicht helfen, weil zu viele Menschen entführt worden seien.“ Ein Anwohner, der mit dem Auto unterwegs war, um Menschen zu retten, sammelte Ben Haim und andere Überlebende sieben Stunden später ein.
Mindestens 260 Leichen auf Musikfestival geborgen – Hamas nahm zudem zahlreiche Geiseln
Mindestens 260 Leichen habe man auf dem Festivalgelände geborgen, teilte eine Sprecherin der freiwilligen Hilfsorganisation ZAKA mit. Die Hamas nahm auch zahlreiche Geiseln. „Ich weiß nicht, ob meine Tochter irgendwo blutend liegt, ich weiß nicht, ob man sie nach Gaza verschleppt hat, ich weiß nicht, ob sie leidet“, sagt Ahuwa Maizel der Deutschen Presse-Agentur. Das letzte Mal, als sie mit ihrer 22-jährigen Tochter sprach, sei am Samstagmorgen um kurz nach 7.00 Uhr gewesen.
Maizel vermutet, ihre Tochter wurde gewaltsam nach Gaza gebracht und fleht die Entführer an, menschlich zu bleiben. „Wir haben alle die gleiche DNA, wir sind alles nur Menschen“, so die Mutter. Die israelische Armee kündigte an, sie werde die Geiseln befreien. Unklar ist derzeit, wie. Die Hamas forderte einen Gefangenenaustausch. Kritik gab es an ähnlichen Deals mit der Hamas in der Vergangenheit, etwa beim Handel um den israelischen Soldaten Gilad Schalit. Israel hatte den Militär nach fünf Jahren Hamas-Gefangenschaft gegen die Freilassung von über tausend Palästinensern aus israelischer Haft getauscht.
Rubriklistenbild: © Telegram-Kanal „South First Responders“
