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Eltern-Burnout: Könnte ein Elternführerschein vorbeugen?
VonJasmina Deshmeh
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Judith Braun
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Endlose Aufgabenlisten und kaum Freiraum: Elternsein kann ziemlich herausfordernd sein. Könnte ein Elternführerschein auf diese Aufgabe vorbereiten?
Kindererziehung ist nicht einfach: Eltern meinen es in der Regel gut mit ihrem Kind. Manche schießen dabei aber übers Ziel hinaus. Etwa indem sie versuchen, ihrem Nachwuchs sämtliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Erziehungsexperten bezeichnen sie als „Rasenmäher-Eltern“, die ihre Kinder zu „unselbstständigen Tyrannen“ heranziehen. Doch wie können Eltern es „besser“ machen? Dr. Mirriam Prieß ist Ärztin und Therapeutin und schlägt eine Art Elternführerschein vor. Worum es dabei geht, erklärt sie im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.
Eltern-Burnout: Ursache könnten die eigenen Kindheitserfahrungen sein
Eine forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännischen Krankenkasse zeigt: 62 Prozent der Eltern mit minderjährigen Kindern fühlen sich häufig oder sogar sehr häufig gestresst. Verfügen Eltern nicht über die entsprechenden Ressourcen, um mit diesem Stress umzugehen, können sie ein Eltern-Burnout entwickeln.
Anders als häufig angenommen, ist die Ursache des Eltern-Burnouts laut Dr. Mirriam Prieß dabei weniger der Stress oder eine hohe Arbeitsbelastung selbst, sondern vielmehr die Erziehungsmethoden der eigenen Kindheit. Das habe sie bei ihrer Arbeit mit Burnout-Patienten immer wieder beobachtet, von denen auch die Idee eines Elternführerscheins kam.
Idee eines Elternführerscheins stammt von einem Patienten
„Der Begriff Elternführerschein ist eigentlich immer wieder in der Arbeit mit erschöpften Eltern entstanden und ein Zitat eines Vaters. Denn in dem Moment, wo sie sich mit sich selbst auseinandergesetzt haben, wurde ihnen deutlich, dass die Muster, die in die eigene Erschöpfung geführt haben, sie unbewusst an den Kindern fortgesetzt haben.“
So erklärte der Vater: „Für alles braucht man einen Schein, aber für die Elternschaft, da braucht man nichts. Und dann ist man plötzlich Eltern und man lebt einfach das, was man erfahren hat und hält die eigene Beziehungsgestaltung für völlig normal.“
Die Ohrfeige war bis in die 80er verbreitet: Wie sich die Erziehung verändert hat
Darüber nachdenken, in welchen Beziehungen man selbst aufgewachsen ist
Ihr Tipp für werdende Eltern: Sich bewusst werden, in welchen Beziehungen man selbst aufgewachsen ist und welche Atmosphäre im eigenen Elternhaus vorherrschte. Dabei könnten folgende Fragen hilfreich sein:
Lebt man das, was einem entspricht?
Ist man in der Lage, Beziehung vorzuleben?
Kann man sein Kind darin unterstützen, wie es wirklich ist, und nicht wie es sein soll?
Ist man in der Lage, seinem Kind seinen eigenen, echten Wert zu vermitteln?
Dies sei natürlich nur möglich, wenn der Elternteil über ein gesundes Selbstwertgefühl verfügt, betont die Ärztin. Denn: „Zu werden, wer ich bin, braucht Eltern, die erkennen, wer ich bin. Die spüren und schauen, was entspricht mir?“ Eine gelungene Erziehung brauche deshalb eine interessierte und offene Einfühlsamkeit auf Augenhöhe und Respekt auf Grundlage bedingungsloser Annahme. „Wie viel Freiraum braucht es, wo sind die Grenzen. Diese Zuwendung ist ganz zentral. Es sollte ein echtes Interesse gegenüber dem Kind stattfinden.“
„Tagtägliche Beziehungsatmosphäre“ ist entscheidend
Neu ist die Idee eines Elternführerscheins nicht. Schon länger diskutieren Erziehungsexperten, Lehrer und auch Politiker über ein solches Modell. Laut der Ärztin und Buchautorin sei vor allem die Atmosphäre im Elternhaus entscheidend, wobei es nicht auf einzelne Situationen, sondern um die tagtägliche Beziehungsatmosphäre gehe.
„Wenn wir zum Beispiel von Anfang an Halt und Geborgenheit in der Familie erfahren haben und Eltern gehabt haben, die sich für uns interessieren. Eltern, die offen dafür sind, wer wir in unserem Wesen sind. Die einfühlsam sind, die uns auf Augenhöhe begegnen, uns respektieren und wertschätzen. Dann handelt es sich dabei um dialogische Beziehungselemente, die wir wie eine Sprache zu sprechen lernen“, erklärt sie.